Also gut, nun werde auch ich, Beppa Giosef, einmal etwas schreiben.
Ich komme aus Bad Homburg vor der Höhe, das ist eine kleine Stadt (gut 50.000 Einwohner) bei Frankfurt am Main, idyllisch im Vordertaunus gelegen. Eine Stadt oder die Stadt, in der die Welt noch völlig in Ordnung ist. Hier gibt es eine funktionierende Infrastruktur, gute Nachbarschaften, keine Arbeitslosigkeit und laut einer Sternumfrage aus dem Jahr 2005 fast die zufriedensten Deutschen des Landes. Vor zwei Jahren konnte ich einen Einwohner dieses kleinen Paradieses dabei beobachten, wie er den Rasen vor seiner Villa mit der Nagelschere bearbeitete, und wer denkt, ich hätte mir das ausgedacht, der möge mich bitte anschreiben: Ich habe einen eher skeptischen Italiener als Zeugen, der es nicht für möglich hielt, und den diese Begebenheit mehr davon überzeugte, dass die Stadt so ist, wie ich sie ihm beschrieben hatte, als ich es in sechs, quasi zwangsweisen, gemeinsamen Wochen in Turin vermocht hatte. Er hatte übrigens eine halbe Stunde gewartet, bevor er sich entschloss, mich zu fragen, wofür die seltsamen Marmorklötzer vor den Häusern seien, und es verblüffte ihn sichtlich, als ich ihm sagte, darin seien die Mülltonnen.
Jedenfalls gehöre ich zu den Menschen, die die Welt aus den Augen einer glücklichen, wohlbehüteten Kindheit und eines bisher problemfreien Lebens betrachten. Zu den Menschen, die daran glauben, dass man, wenn man es wirklich will, alles erreichen kann. Zu den Menschen, die glauben, dass die Gruppen bei der EM gelost und nicht deutschfreundlich zusammengestellt werden. Zu den Menschen die glauben, dass ein Fußballspiel erst dann einen Sieger hat, wenn es abgepfiffen ist und dass dieser nicht schon im Vorhinein feststeht. Zu den Menschen, die sich nur deshalb nicht für Italien gefreut haben, weil oben erwähnter Ex-Mitbewohner eine halbe Minute nach dem Spiel Italien-Deutschland vor 2 Jahren nichts besseres zu tun hatte, als mir eine sms zu senden, in der er mir mit unverhohlener Schadenfreude mitteilte, wie sehr er sich freue, dass wir verloren hätten. (Originalnachricht: Come va? Mi dispiace per te, ma vincere così contro la germania è una delle cose più belle del mondo!) Ich bin nicht so. Mal abgesehen davon, dass ich nicht selbst mitgespielt habe 😉 , finde ich, dass die deutsche Mannschaft damals nicht schlechter gespielt hat als die italienische, sondern einfach nur, typisch deutsch, gedanklich schon beim Elfmeterschießen war und nicht mehr aufgepasst hat in diesen letzten Minuten der Verlängerung. Und darin sind die italienischen Fußballer wirklich besser: Sie kämpfen bis zum Schluss und lassen nicht nach. Und doch sind sie auch in anderen Dingen besser. Das müssen doch wohl auch die Italiener einsehen, dass, mal abgesehen von Ballack vielleicht, ein umgerempelter deutscher Fußballer kurz strauchelt und sich dann entweder fängt und weiterläuft oder aber, wenn er tatsächlich fällt, direkt wieder aufsteht und weiterläuft. Ein berührter italienischer Fußballspieler bedeutet sofort eine Unterbrechung von 20 Sekunden, weil er diese Zeit braucht, um sich zu erholen. Ich bin sicher, das richtige Fallen ist in die Trainingslektionen integriert. Und ja, das ist jetzt überzogen ausgedrückt! Trotzdem, ich kann ich diese “Piensen- und Schwalbenkönige” beim Fußball deshalb nicht leiden. Meine Oma konnte es schon nicht. Und mein Opa auch nicht. Aber dass die Fans dieser Mannschaft dann auch noch so ungemein stolz auf diese Art des Fußballs sind, dass sie gegenüber anderen Schadenfreude empfinden, ist für mich die Krönung. Wenn ich Fans der Mannschaften sehe, die verloren haben, dann tut es mir in dem Moment einfach nur leid für sie, weil sie sich nicht genauso freuen können wie ich, und ich denke daran, wie ich mich wohl gerade fühlen würde und versuche, ein möglichst aufmunterndes Gesicht zu machen. Anders die Italiener. Verliert ihre Mannschaft, ist der Trainer schuld, der Schiedsrichter, die Auslosung, der Platz und wahrscheinlich auch der Ball. Und gewinnt sie, sind die Ihrigen alle Helden und alle anderen armselig. Ja, deshalb mag ich die Italiener nicht beim Fußball. ‘Tschuldigung. Das hat nichts mit den Italienern an sich zu tun, nur damit, wie sie sich benehmen, wenn es um Fußball geht!
Umso größer war meine Freude nach dem Spiel gegen die Türkei am Mittwoch, das ich gemeinsam mit türkischen und deutschen Fans im Metropolis/Frankfurt angeschaut habe. Während des ganzen Spiels habe ich keinerlei negative Kommentare gehört. Im Gegensatz zu den Vorwarnungen in den Nachrichten war die Stimmung nach dem Spiel sehr ausgelassen. Wir, meine Schwester und ich, sind am Corso entlang erst zur Alten Oper und dann über die Fressgass’ zur Hauptwache gelaufen. Überall deutsche und türkische Flaggen. Die Türken tanzten und feierten zusammen mit “uns”. Nur wenige mit wirklich traurigen Gesichtern. Ich habe Fotos gemacht, um es festzuhalten, aber es ist kaum etwas erkennbar, doch habe ich ein Video gefunden, das genau dann gemacht wurde, als ich selbst auch an der Hauptwache war, und die beiden Fahnenschwinger auf den Ampeln hatte ich selbst auch fotografiert, nur von der anderen Seite.
So kann es sein nach einem Spiel. So könnte es, von mir aus, immer sein nach einem Spiel. Mir geht es beim Fußball um die ausgelassene Stimmung, um die vielen Menschen auf den Straßen, um spannende Spiele, egal wer gerade spielt. Nicht darum, es irgendjemandem zu zeigen, vor allem, weil nicht ich es bin, die spielt und deshalb steht es mir auch nicht zu, mich so zu benehmen. Diese Art von Stolz ist mir völlig fremd, aber selbst wenn es mir zustände, käme ich nie auf die Idee, mich so zu verhalten.
So, genug aber nun, ich bin gespannt auf das Spiel am Sonntag. Ich werde es in der Commerzbank Arena (auf gut Deutsch: im Waldstadion) ansehen und bin nur froh, dass ich nicht abergläubisch bin, denn genau dort war ich beim Spiel Italien-Deutschland vor zwei Jahren und Superciuk versäumt es keinen Tag, mich daran zu erinnern, wie es ausging. 😉
@ Beppa Giosef
Zitat “…denn genau dort war ich beim Spiel Italien-Deutschland vor zwei Jahren und Superciuk versäumt es keinen Tag, mich daran zu erinnern, wie es ausging.”
Nun jetzt wirst Du wohl ein wenig abergläubisch werden, oder?
🙂
Hehe, Paddo, ich habe darüber nachgedacht. 😉
Aber nein, es wäre wohl ziemlich hochnäsig, wenn ich glauben würde, dass meine Anwesenheit im Stadion über die Niederlage entschieden hätte. Und ich verrate Dir etwas: Ich bin evangelisch, also ganz weit vom Aberglauben entfernt.
Aber in 2 Jahren sollte ich vielleicht trotzdem woanders schauen, es macht einfach nicht so viel Spaß, wenn man das Waldstadion mit tausenden Menschen verlässt, die die Schultern hängen lassen 😉 Gestern waren 50.726 Menschen im Stadion und davon waren nur wenige Spanier, was sehr schade war, denn so war der Jubel nach dem Spiel ziemlich leise.
Die spanische Mannschaft hat besser gespielt und verdient gewonnen. Ich hätte mich zwar mehr gefreut, wenn sie drei richtige Tore gemacht hätte anstatt des einen Kullertors, aber man kann nun mal nicht alles haben… Die deutsche Mannschaft ist Vizemeister geworden und sei es nun, weil sie die leichtesten Gegner hatte oder warum auch immer, ich freue mich darüber.
Es freut mich echt richtige sportliche gedanken zu lesen…
Deutschland ist immerhin die erste Manschafft: die erste der verlierende 🙂 🙂 🙂
Die Videoaufname ist sehr witzig: schade nur das man nicht sehen kann, qie dieser Mann dann runter gekommen ist.
Oh, das kann ich Dir verraten, Paddo: Er hat sich langsam nach hinten runterrutschen lassen. Es waren übrigens zwei, auf jeder Seite einer, einer mit türkischer und einer mit deutscher Flagge.
@Es waren übrigens zwei, auf jeder Seite einer, einer mit türkischer und einer mit deutscher Flagge.
Es besteht ernsthaft das risiko, dass es in der Zukunft keine blonde Deutsche mehr geben wirt… 🙂
Altso “Wirte” werden es wohl noch geben, selbsverständlich wollte ich “wird” schreiben und nicht “wirt”…
Hallo Paddo, dass Du “wird” meintest, weiß ich doch! Ich freu mich übrigens immer tierisch, wenn “mir” jemand schreibt, noch dazu jemand, den ich fast schon persönlich kenne… Das mit den blonden Haaren habe ich schon öfter gehört, allerdings sagt man, dass sie dann durch Gen-Veränderungen wiederkommen, weil blond anziehend auf das andere Geschlecht wirkt und das dann zur Erhaltung der Art dient. Ist dann quasi sowas wie ein Gen-Defekt der guten Art, wobei, ich bin ja nicht so der Fan von blonden Haaren, mir fehlt da einfach Farbe 😉 Blonde Männer übersehe ich gern und die meisten blonden Frauen, die ich kenne (und es gibt hier noch ne Menge), sehen ungeschminkt ziemlich farblos aus und würden ohne Wimperntusche nie das Haus verlassen. Dann lieber weniger attraktiv für Männer und morgens so aus dem Bett, wie man am Abend vorher rein ist.
Und um noch mal zum Fußball zurückzukommen: Diesen Newsletter bekam ich heute von einer hiesigen (Ffm natürlich, nicht HG, wer je hier in Bad Homburg war, weiß, warum das lustig wäre) Disco:
“Schade Deutschland…
Was für ein Sonntag…
Auch wenn wir den Pott nicht in den Händen hielten…gefeiert wurde trotzdem, als wenn wir ihn geholt hätten…
Denn als Vizeeuropameister kann man sich auch sehen lassen :-).
Die Spanier haben unglaublich stark gespielt und haben daher auch verdient gewonnen. Sie waren das beste Team der EM. Unser Gruß und unsere Glückwünsche gehen heute in Richtung des “schwarzen Stiers”.
Bei uns im Living spielt diesen Mittwoch jedoch nur ein Stier…und das ist DJ Da Silva. Und bekanntlich gewinnen wir ja immer die dritte Halbzeit am Stammtisch oder im Stammclub:-).
Finale ohohoho…”
Ich weiß, man kann es nicht nur positiv interpretieren, wenn man z.B. davon ausgeht, dass Siege durch Elfmeterschießen reine Glückssache sind, aber wenn man es aus meinen Augen betrachtet, sieht man, dass “wir” gute Verlierer sind.
Clap clap clap! (hände klatchen…) 🙂
@ Dann lieber weniger attraktiv für Männer und morgens so aus dem Bett, wie man am Abend vorher rein ist.
Na ja, auch da Ansichtsache…
Wenn es so ist, heisst dass es eine ruhige Nacht war…
Besser ein bischen unfrisiert, ein bischen müde, ein bischen “zabaione” nötig, aber zufireden…
🙂 🙂 🙂
Hehe, zwischen verknautscht und farblos gibt es noch einen großen Unterschied 😉
Bürste und kaltes Wasser brauchen wir alle morgens, die Farbe haben manche und manche nicht. Raus aus dem Bett wie vorher rein bezieht sich auf die Farbe. Bei manchen erkennt man die Wimpern auch noch im Schwimmbad… Ich finde einfach schade, dass es Frauen gibt, die nie das Haus verlassen ohne sich zu schminken, weil sie sich sonst nackt fühlen und das sind überwiegend Blondinen.
Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters und das Aussehen ist, meiner Meinung nach, sowieso nicht so wichtig. Schönheit ist etwas, das von innen kommt und nichts mit der Haarfarbe usw. zu tun hat. (Allerdings ist es schwer, das heute noch so zu sehen, und auch ich war nicht immer frei von diesem Wahn, der heute fast alle befällt.)
Jedenfalls sollten wir deshalb wohl wirklich dafür sorgen, dass wir weiterhin nur erfüllte Nächte haben und zufrieden sind, attraktiver können wir dann gar nicht sein 😉
Z.B., ich liebe Frauen mit knall-rote Nase und Bard 😉
Ach Paddo! Auch die dicken Warzen auf meiner großen roten Nase? Du machst mich sooo glücklich!
Ich habe eben eine Werbung von Nivea gesehen, bei der zum Schluss gesagt wurde: “…denn Schönheit ist Selbstvertrauen”. Das ist genau das, was ich damit meinte, dass es in der heutigen Zeit schwer ist, dies nicht zu glauben. Mal abgesehen davon, dass hier wohl Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein verwechselt werden, ist Schönheit zum einen wohl kaum das höchste Ziel im Leben, zum 2. ist die Folge wohl eher andersherum und zum anderen gibt wohl keine Glättungsserie der Welt denjenigen Selbstbewusstsein, die dieses nicht sowieso schon haben.
Für mich sind Menschen dann attraktiv, wenn sie etwas besonderes haben, das kann ein außergewöhnlich alkoholisierter Atem oder eine rote große Nase sein wie bei meinem Superciuk oder auch eine besondere Begabung, zum Beispiel, sich für das Gute in der Welt einzusetzen, so wie bei ihm, der den bösen Armen das Geld für die lieben Reichen wegnimmt. Hach, mein Mann ist ein einfach ein Traum. 😉
🙂 🙂 🙂
🙂 🙂 🙂